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Virtuelle Jahrestagung 2021 der Sektion Organisationssoziologie
der Deutschen Gesellschaft für Soziologie
10./11.06.2021
"Große Herausforderungen" und Organisationen:
Themenfelder, Theorien und Methoden im Umbruch
Unsere Gesellschaft sieht sich derzeit mit „großen Herausforderungen“ konfrontiert – sog. „Grand Challenges“, wie Klimawandel, Digitalisierung, wachsende soziale Ungleichheit, Migration, demographischer Wandel, steigende Katastrophenrisiken, wirtschaftliche Verwerfungen, zunehmendem Populismus (Ferraro et al. 2015; George et al. 2016) und zuletzt eine weltweite Pandemie. Diese großen Herausforderungen gehen mit weitreichenden gesellschaftlichen Veränderungen einher, die enorme Komplexitäten und Unsicherheiten erzeugen. Diese Komplexitäten und Unsicherheiten werden insbesondere auch durch Organisationen bearbeitet, seien es Unternehmen, staatliche Einrichtungen, Verbände, Vereine, Gewerkschaften, Parteien, um nur einige zu nennen. Entsprechend wäre zu erwarten, dass die Organisationssoziologie einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Debatte leisten kann. Tatsächlich steht aber die Organisationssoziologie derzeit selbst vor einer großen Herausforderung, nämlich klare empirische und theoretische Angebote zu erarbeiten, um die Herausforderungen der Gegenwartsgesellschaft zu adressieren.
Obwohl Organisationen eine hohe Bedeutung in aktuellen Umbruchprozessen zukommt, erscheint es für die Organisationsoziologie zunehmend schwerer die eigenen Konzepte anzuwenden und zu vermitteln. So verändert sich gerade im Kontext großer gesellschaftlicher Herausforderungen auch die Organisationslandschaft. Klassische Bürokratien und große Konzerne erodieren (Davis 2016), während es eine steigende Vielfalt neuer Organisationsformen zu geben scheint (Brés et al. 2018). Organisationen werden zunehmend als fluid, partiell, temporär, modular, latent, virtuell, holographisch, projekt-basiert oder entgrenzt beschrieben (Ahrne & Brunsson 2011; Brés et al. 2018; Dobusch & Schoeneborn 2015; Schreyögg & Sydow 2010; Starkey et al. 2000). Kernkonzepte wie Bürokratie, Formalität, Zweckorientierung, Mitgliedschaft und Hierarchie büßen anscheinend an Erklärungskraft ein und stellen die existierenden Organisationstheorien selbst vor eine große Herausforderung (Barley 2016; Brés et al. 2018; Davis 2015).
Glaubt man den Selbstdiagnosen der Sub-Disziplin, dann befindet sich die Organisationssoziologie in einem Umbruch, möglicherweise sogar in einer Krise (Adler et al. 2014; Apelt et al. 2017; Gorman 2014; Grothe-Hammer & Kohl 2020; King 2017). Mit dem vermehrten Aufkommen neuer Organisationsformen scheint immer unklarer zu werden, was Organisationen eigentlich (noch) sind, welchen Beitrag sie leisten und wie man sie konzeptionell fassen kann, sodass etablierte Theorien immer seltener explizit für empirische Untersuchungen herangezogen werden (Barley 2016; Brés et al. 2018; Davis 2015; Wolff 2015). Trotz der offensichtlichen alltäglichen Bedeutung von Organisationen im Umgang mit großen gesellschaftlichen Herausforderungen, scheinen sich immer weniger Soziologen und paradoxerweise auch Organisationsforscher für Organisationen als Untersuchungsgegenstand zu interessieren (Ahrne et al. 2016; Lopdrup-Hjorth 2015). Mehr noch hat die methodologische, theoretische und thematische Varietät innerhalb der Organisationssoziologie zumindest im englischsprachigen Raum dramatisch abgenommen (Grothe-Hammer & Kohl 2020).
Nichtsdestotrotz gibt es mittlerweile einige Vorschläge, die versuchen die Organisationssoziologie insbesondere konzeptionell zu revitalisieren. Dies geschieht beispielsweise unter Begriffen wie „partial organization“ (Ahrne & Brunsson 2011), „communicative constitution of organization” (CCO) (Schoeneborn et al. 2014), „organization as process“ (Czarniawska, 2015; Hernes, 2014), „Organisation als transitorisches Gebilde“ (Häußling 2015), “Organisation als reflexive Strukturation” (Ortmann et al. 2000; Sydow & Wirth 2014) oder “degrees of organizationality” (Dobusch & Schoeneborn 2015; Kirchner 2019). Diese Vorschläge werden zwar häufig intensiv diskutiert, lösen allerdings oft heftige Kritik aus und erreichen teils nur begrenzt Anschluss (Apelt et al. 2017). Mit diesen Beispielen deutet sich an, dass diese und andere Ansatzpunkte, für eine allgemeine Diskussion um die Konzepte der Organisationssoziologie, aufgegriffen und kontrovers diskutiert werden.
Die Jahrestagung der Sektion Organisationssoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie möchte daher Themenfelder, Theorien und Methoden der Organisationssoziologie im Kontext von großen Herausforderungen diskutieren.
Organisation
Michael Grothe-Hammer, Norwegian University of Science and Technology, Trondheim
Stefan Kirchner, Technische Universität Berlin
Kontakt
orgsoztagung@gmail.com
Programm
Donnerstag, 10.06.2021 |
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Raum: "Foyer" |
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09:30-10:00 |
Get-together bei Kaffee und Gebäck in einem virtuellen Raum |
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Raum: "Berlin" |
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10:00-10:15 |
Empfang und Begrüßung durch Michael Grothe-Hammer & Stefan Kirchner |
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Raum "Berlin" |
Raum "Trondheim" |
10:15-11:30 |
Solidarität & Gemeinschaft Michael Corsten & Patrick Kahle Die menschliche Größe der Solidarität. Eine Anwendung der Soziologie der Konventionen auf Organisationen der Flüchtlingssozialarbeit.
Werner Schirmer Gemeinschaft und Solidarität in Remote-Work-Firmen. Hypothesen und Beobachtungen |
Klima & Nachhaltigkeit Anita Engels Wirtschaftsunternehmen im Sog zur Klimaneutralität
Nadine Arnold & Fabien Foureault Taking responsibility for food waste How organizations shape the Sustainable Development Goals |
11:30-11:45 |
Pause |
Pause |
11:45-13:00 |
Innovation im Energiesektor Sabrina Paustian & Jannika Mattes Standardisierung durch Digitalisierung im Energiesektor –Der Umgang mit Standardisierung in kollaborativen Innovationsprozessen
Gregor Kungl Die deutschen Energieversorger und erneuerbare Energien – konzeptionelle Überlegungen zu organisationaler Trägheit und deren Überwindung |
Digitale Daten & Algorithmische Vorhersagen Elena Esposito, Maximilian Heimstädt & Simon Egbert Algorithmische Vorhersage: Formen und Konsequenzen neuer Prognoseverfahren in der Polizeiarbeit
Roger Häußling Digitale Daten als ein neuer Grundbegriff der Organisationssoziologie |
13:00-14:30 |
Pause |
Pause |
14:30-16:30 |
Digitale Plattformen
Benjamin Grossmann-Hensel
& Digitale Innovationsplattformen und ihr Einfluss auf das Verhältnis von Grand Challenges und Organisationen
Arnold Windeler & Robert Jungmann Reflexive Organisation von Plattformen. Die praxistheoretische Perspektive
Dzifa Ametowobla & Stefan Kirchner Plattformorganisationen und soziale Ungleichheit |
Reliabilität, Resilienz & nicht-intendierte Folgen Mona-Maria Bardmann, Caroline Ruiner, Matthias Klumpp & Josephine Thums Digitalisierung und der organisationale Umgang mit Unsicherheiten – Hochzuverlässigkeitsorganisationen und die Übertragbarkeit ihrer Prinzipien auf andere Organisationen
Fabienne Seifert Risikobewusstsein, Resilienz und Transformation Kleiner und Mittlere Unternehmen - Der blinde Fleck der Organisationssoziologie?
Jan Dumkow Unintended Consequences from Well-Intended Actions: How Organizational Sociology could both provide and receive help meeting the Grand Challenges |
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Raum: "Foyer" |
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16:30 - … |
Tagesausklang im virtuellen Raum bei virtuellem Sekt und digitalen Schnittchen |
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Freitag, 11.06.2021 |
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Raum "Berlin" |
Raum "Trondheim" |
09:30-10:45 |
Quantifizierung, Finanzialisierung, Strukturierung Michael Faust "In Praise of Organization": Multiple Strukturierungen und strategische Bezugnahmen von Organisationen am Beispiel der "großen Herausforderungen" von Digitalisierung und Finanzialisierung
Anne K. Krüger & Leopold Ringel Die Quantifizierung großer Herausforderungen. Infrastrukturen als Ansatz für die Organisationssoziologie |
Organisation? Raimund Hasse Organisationen als Forschungsobjekt
Michael Grothe-Hammer Organisation als Entscheidung: Von der Theoretisierung partieller Organisation zur Erneuerung der Organisationstheorie |
10:45-11:00 |
Pause |
Pause |
11:00-12:15 |
Philanthropie & Chancengleichheit Marc Mölders Revisionen: Organisationale und organisationssoziologische Anschlüsse an Technologiedefizite
Hannah Mormann Professionalisierte Chancengleichheit? Wie Organisationsspezialist*innen großen Herausforderungen begegnen |
Gesellschaftstheoretische Perspektiven Marco Jöstingmeier „Grand Challenges“ als organisierte Krisen: Zum Zusammenhang von Organisationen und gesellschaftlichen Krisendiagnosen
Vladislav Valentinov Reasonable value in the polycontextural society: reflections on the modern relevance of John Commons’ institutional economics |
12:15-13:30 |
Pause |
Pause |
13:30-14:45 |
Herausforderungen für die Forschung Thomas Heinze Leistungs- und Problemlösungsfähigkeit von Forschungseinrichtungen zur Bewältigung großer gesellschaftlicher Herausforderungen der globalen Wissensgesellschaft
Jessica Pflüger & Carla Scheytt Forschungsethische Herausforderungen in formalen bzw. partiellen Organisationen |
Dringlichkeit & Cyber-Sicherheit Leonie Dendler-Rafael, Manuel Nicklich, Sabine Pfeiffer & Annett Schulze Systemisches Risiko Cybersecurity: ein Überblick über neue und alte Herausforderungen der Organisation
Filippo Reale Organisation und Dringlichkeit |
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Raum: "Berlin" |
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14:45-15:15 |
Abschluss der Tagung und Verabschiedung |
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Raum: "Foyer" |
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15:15 - … |
Tagesausklang im virtuellen Raum bei virtuellem Sekt und digitalen Schnittchen |